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Die R5 - ein Meilenstein in der BMW Motorradgeschichte

Ein Bericht von Karl Reese aus dem Jahr 1978

Der Beitrag stammt aus VFV Info Ausgabe Nr. 5 aus dem Jahr 1978

Seit Anfang der dreißiger Jahre ging der Trend zweier deutscher Motorradmarken in Richtung Pressstrahlrahmen.
BMW hatte den Rohrrahmen schon gegen Ende der zwanziger Jahre aufgegeben. Dann aber platzte BMW 1936 mit einem völlig neu konzipierten Rohrrahmen, dem der R 5, in die Pressstahlrahmen-Ära.
Damit fand der Doppelrohrrahmen nicht nur seine Auferstehung, die neue Konzeption war auch richtungsweisend für 30 nachfolgende BMW Modellvarianten. Das Auffallende an dieser Rahmenauslegung waren die konisch-ellipsenförmigen Rahmenrohre, die vom Steuerkopf bis zur hinteren Rahmenpartie durchgeführt wurden.
Linksseitig wurde das Rahmenrohr bis zum Rahmenrückgrat, das als Zentralrohr unter dem Tank verlief, geführt. Auf der rechten Seite wurden die im Winkel zulaufenden Rohre durch ein Pressstahlblech aufgenommen, an dem das Kardangehäuse befestigt wurde.

Ebenfalls völlig neu war die Teleskopgabel der R 5, die mit verstellbaren Stoßdämpfern versehen war. Der konstruktive Aufbau entsprach der heute noch gültigen Gabelkonstruktion.
Obgleich es an Versuchen, eine noch bessere Vorderradfederung zu konstruieren, nicht gefehlt hat, sind inzwischen alle Motorradbauer nach manchen Irrwegen zur Teleskopgabel zurückgekehrt.
Die R5, die auch für den Gespannbetrieb ausgelegt war, hatte untereinander austauschbare Räder, die mit 200x25mm Trommelbremsen versehen waren. Sie wog 165 kg.

Bei dem Triebwerk, einschließlich Getriebe und Kardan, handelte es sich ebenfalls um eine völlige Neuschöpfung.
Zum ersten Mal in der BMW Geschichte wurden Motor- und Getriebegehäuse als Tunnelgehäuse ausgebildet, eine Auslegung, die 1978 an BMW Gehäusen noch zu finden ist. Bei der Montage der Kurbelwelle musste diese – einschließlich des vorderen Lagerschildes – buchstäblich in das Gehäuse eingefädelt werden. Der Antrieb der beiden hochgelegten Nockenwellen erfolgte über eine Einfachrollenkette, die zugleich die Bosch-Lichtmaschine RD 45/6 antrieb.

Das Nachspannen der Kette erfolgte durch Lösen der Lichtmaschine und Drehen derselben. Im Vorderen Stirndeckel befand sich ein kleiner Schraubdeckel. Nach dessen Entfernen konnte man die Kettespannung mühelos kontrollieren. Zylinder und Zylinderköpfe waren mittels je sechs Stehbolzen gegeneinander befestigt.

Der Ventilmechanismus war vollkommen gekapselt, allerdings waren die Ventilkammern noch nicht wie bei der Nachkriegsmaschine R 51/2 in den Ölkreislauf einbezogen. Die Schmierung der Kipphebel und Ventile erfolgte durch das in den Ventilkammerdeckel eingefüllte Öl, das bei jeder Kontrolle des Ventilspiels folglich erneuert werden musste.

Das Ventilspiel betrug 0,04 mm. Die Ventilzeiten die BMW bei einem Spiel von 2 mm angab, muten im Moment mit 3° - V.O.T. – 37° N.U.T. und 37° V.U.T.- 3° N.O.T etwas bescheiden an. Legt man allerdings das Betriebsventilspiel zugrunde, so sieht die Geschichte schon atmungsaktiver aus.

Die dann zu messenden 40° V.O.T.-80° N-U.T. sowie 80° V.U.T. und 40° N.O.T. sind auch bei nachfolgenden BMW Motoren immer wieder anzutreffen. Die max. Frühzündung betrug 44° V.O.T. Die Leistung der R 5-Motoren, die wir ihre Vorgänger R 37, R47 und R57 68 mm Bohrung und 68 mm Hub aufwiesen, betrug 24 PS, die bei nur 5500 U/min erreicht wurden. Das Verdichtungsverhältnis betrug 6,7:1.

Nur einige Fahreindrücke bei einer größeren Testreise im Schwarzwald:

Nach dem Antreten des Motors fällt sofort das harte Ventilgeräusch auf, das für jeden heutigen BMW Fahrer ungewohnt ist. Erstmalig und einmalig wurden bei den kopfgesteuerten Vorkriegs BMWs Haarnadel-Ventilfedern verwandt. Das harte Aufsetzen der Ventile führte zu Geräuschen, die dadurch verstärkt wurden, dass der große rechteckige Ventilkammerdeckel wie ein Resonanzkasten wirkte. Ein Schönheitsfehler, an den man sich gewöhnt.

Ungewöhnlich ist auch die Anordnung des Fußschalthebels, der im Bereich der vorderen Motoraufhängung gelagert ist und über ein zwischengeschaltetes Gestänge auf einen Hebel wirkt, der auf der Schaltwelle sitzt. Durch diese Anordnung ergibt sich ein BMW atypisches Schaltbild. Der erste Gang wird durch Hochziehen des Schalthebels eingelegt, der 2.,3. und 4. Durch Niederdrücken. Diese Anordnung wurde beim Erscheinen der Nachfolgeserie verlassen.


Nach rascher Eingewöhnung wurden Schnittgeschwindigkeiten und Reisedurchschnitte erzielt, die mit denen Jahrzehnte später gebauter Manschinen konkurrieren können.
Außerordentlich eindrucksvoll ist die Handlichkeit der Maschine, die sich fast wie ein Fahrrad fährt. Das Fahrwerk läuft auch in extremen Schräglagen einwandfrei Spur. Nur bei schnellen, langgezogenen Kurven macht sich ein leichtes Verwinden des Fahrwerks bemerkbar, dessen Ursache in der Steuerkopf-Rückgrat-Partie zu suchen ist.
Diese wurde später bei den hinterradgefederten Maschinen durch einen Unterzug verstärkt. Die Gänge konnten – ohne den Motor zu strapazieren – bis zu folgenden Geschwindigkeiten ausgefahren werden:

1. Bis 55 km/h
2. Bis 70 km/h
3. Bis 110 km/h
4. 135 km/h

Langliegend kamen sogar 145 km/h heraus. Der Verbrauch lag bei rund 5 Litern bei einer Reisegeschwindigkeit von 100km/h. Hartes Jagen, das der Motor klaglos hinnahm, musste mit 6,5 bis 6,8 Litern Superkraftstoff bezahlt werden.

Da der Motor konstruktiv außerordentliche Leistungsreserven barg, engschloss man sich bei BMW, für den ambitionierten Sport- und Privatrennfahrer zwei spezielle Versionen der R 5, später der R 51, herauszubringen, die R 5 SS und die R 51 SS/RS, von denen alles in allem rund 100 Stück gebaut wurden.

Alle 20 Exemplare der RS waren verkauft, bevor sie das Werk verließen, nicht anders als etwa 15 Jahre später alle Exemplare der RS 54. Die SS leistete 28 PS bei 5960 U/min. Sie war 8:1 verdichtet, hatte 24-er Vergaser (Amal 6/432 SL/SR) und einen anders abgestuften Getriebesatz.
Die RS-Modelle dagegen unterlagen einer gründlichen Leistungskur. Andere Köpfe mit größeren Ventilen, zwei TT Vergaser, andere Steuerzeiten und eine Verdichtung von 8,5:1 brachten Leistungen bis zu 36 PS bei 7000 U/min, wobei der Motor gefahrlos bis 7500 U/min überdreht werden konnte.


Allerdings musste dazu auch der Nockenwellenatrieb geändert werden.
Die Einfachrollenkette der R 5 musste einem Stirnradantrieb, der zugleich den Antrieb des Bosch-Rennmagneten einschloss, weichen; die Wechselbelastung hätte bei den hohen Ventilfederdrücken die Kette schnell zerstört. Die Getriebestufen lagen bei der RS bei 2,13 – 1,58 – 1,19 1. Das Fahrwerk erhielt einen 21“-Vorderrad und ein 20“-Hinterrad.
Außerdem wurde die Maschine mit einem 22-Liter-Tank ausgerüstet. Vor und nach dem Krieg wurden viele R 5/R 51 – Motoren zu Rennmotoren umgebaut. Einer der bekanntesten Nachkriegstuner war Ernst Hoske/Hamelns, der seinen umgebauten R 5- Motor zusätzlich mit einem Drehflügel-Kompressor versah und so eine Leistung von etwa 50 PS bei 7000 U/min erreichte.

Im Übrigen wurde auch der berühmte Kompressor-Königswellenmotor, mit dem Georg Meier später ungezählte Erfolge errang, zuerst, nämlich 1936, in ein R 5 Fahrgestell eingebaut. Diese Werksmaschine wurde damals unter Kraus und Ley eingesetzt.


Die R 5 ist während ihrer zweijährigen Bauzeit nur einer erwähnenswerten Änderung unterzogen worden, die war eine funktionelle, aber keine optische Verbesserung darstellte.
Die 1936-er R 5 hatte Einzelluftfilter („Ohrenluftfilter“) an beiden Vergasern. Da diese beim damals häufigen Einsatz der R 5 im Gelände leicht „Wasser zogen“, wurde bei den ab Januar 1937 ausgelieferten Modellen ein Zentralluftfilter vorgesehen, das in das Getriebegehäuse integriert war. Damit verlor das Getriebegehäuse etwas von seiner einmaligen Glattflächigkeit.

Die Baureihe 1936 begann mit der Rahmen 8001 und endete mit 9504.
Die Baureihe 1937 begann mit der Rahmennummer 500 001 und endete mit der Nummer 503 085.
Die R 5 kostete 1550 RM.
Sie war eines der leistungsfähigsten und formschönsten Motorräder der dreißiger Jahre, ein würdiger Nachfolger der eleganten R 47. Auch heute noch wird sie als ein rassiges Motorrad empfunden. Sie ist gewissermaßen zeitlos.